Berufe mit Zukunft?
14.08.2022
Bankkauffrau, Versicherungsberater oder doch Chemielaborantin werden? Welcher Beruf passt am besten zu mir, und was hat Zukunft? Das denken sich wohl die meisten Studierenden im Hinblick auf ihre Berufsplanung. Zu den beliebtesten Studiengängen gehören auf den ersten drei Plätzen– ohne Ausnahme – Ingenieurwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Naturwissenschaften. Doch inwieweit werden diese Bereiche wirklich ihre Versprechen auf eine zukunftssichere und erfolgreiche Anstellung halten können? Worauf sollten zukünftige Arbeitgeber achten, um ihre Branchen weiterhin attraktiv für Bewerber gestalten zu können?
Um dies beantworten zu können, schauen wir uns die Veränderungen in den studentischen Zielbranchen zwischen September 2019 und September 2021 an. Daraus kann man ableiten, dass die Sektoren Beratung, Medien & Kultur, Finanzen, sowie Handel & Logistik in den letzten Jahren zurückgefallen ist, und viele Studierende andere Branchen spannender finden. Doch was sind die Ursachen?
Zum einen hat die Corona Pandemie seit Anfang 2020 den Alltag aller Menschen auf den Kopf gestellt, und zu vielen Veränderungen geführt, vor allem im Berufs- und Studentenleben. In vielen Bereichen musste auf Home-Office gestellt werden, und das war anfangs eine große Herausforderung für viele Unternehmen, Arbeitnehmende und Studierende. Anstatt die Welt zu bereisen und vor Ort beim Kunden zu sein, wurde so auch der Consulting-Alltag ins Homeoffice verlagert. Das könnte einer der Gründe dafür sein, dass sich Studierende von der Branche abgewendet haben, da sie bereits in vielen Fällen das Studium allein zu Hause absolviert haben. Was für ältere Arbeitnehmende mit Familie ein tolles Set-up ist, ist für Studierende eher unattraktiv. Im Rahmen der Fachkraft-2030-Studie konnte auch gemessen werden, dass die meisten Young Professionals am liebsten im Büro arbeiten wollen.
Ähnlich wie im Sektor Beratung, zeigen sich auch in den Bereichen Medien & Kultur, Finanzen, sowie Handel & Logistik ein gesunkenes Interesse. Immer mehr Absolvent:innen oder Studierende wenden sich von diesen Gebieten ab. Ein weiterer Grund dafür könnte sein, dass sie zum veralteten Standard gehören und die junge Generation sich neueren Herausforderungen stellen mag, die innovativ sind und mehr Entwicklungspotential aufweisen. Vor allem, weil seit Anfang 2020 viele Menschen mehr Zeit online verbracht und einige sich dadurch vermehrt mit Technologie auseinandergesetzt haben. Dort liegt viel Potenzial für zukünftige Berufe mit hohen Erfolgschancen und finanziellen Vorteilen, was für viele junge Menschen und Studierende reizvoll ist. Entsprechend verzeichnet der Sektor Technologie mit einem Plus von fast vierzig Prozent zwischen 2019 und 2021 die größten Zugewinne.
Die Bereitschaft zum Arbeiten in den Sektoren Bildung und Gesundheit ist zwar groß, aber es hat sich im Laufe der letzten zwei Jahre nicht sonderlich viel verändert. Denn, in Zeiten von Corona wurde der Mangel an Pflegepersonal sehr deutlich, und das führte zu hoher Überlastung des vorhandenen Personals. Einige Personen haben den Beruf verlassen, was zu einer weiteren Überforderung im Gesundheitssystem geführt hat. Wer könnte es den Studierenden also verübeln, wenn sie ihre Zukunft in einem anderen Bereich suchen würden? Und tatsächlich hat die Gesundheitsbranche, wie auch der Bildungsbereich, im Jahr 2020 stark in der Gunst der Studierenden verloren. Es zeigt sich allerdings: Dieser Effekt war nur temporär und ist im Vergleich der Vor-Corona-Zahlen mit 2021 nicht mehr zu messen.
Neben der Technologie-Branche weist der Bereich Chemie & Biotech den größten Zuwachs aus. Hier liegt es sicherlich nahe einen Corona-Effekt zu vermuten. Aber auch die klassische Industrie kann in der Wahrnehmung der Studierenden punkten. In diesen Bereichen finden Studierende erfolgsversprechende Berufe für ihre Zukunft – ein Plus bei der Berufswahl.
Zum Schluss sollte man sich aber verdeutlichen: Die Branche ist nicht alles und für die meisten Unternehmen ohnehin kaum änderbar. Branche hin oder her, in allen Sektoren können Unternehmen mit flexiblen Arbeitszeiten, einer guten Arbeitsatmosphäre und ansprechendem Gehalt bei jungen Bewerbenden punkten, um auch weiterhin mit anderen Branchen mithalten zu können.
Die Auswertungen beruhen auf einem Forschungspapier von Dr. Jan Bergerhoff und Dr. Philipp Seegers, Gründer und Geschäftsführer von CASE. Die Daten stammen aus der Fachkraft „2030“ Studienreihe (vormals Fachkraft „2020“), welche seit 2012 unter Schirmherrschaft der Maastricht University durchgeführt wird. Insgesamt wurden in bisher 17 Erhebungen über 300.000 Studierende aus ganz Deutschland befragt. CASE ist Kooperationspartner des Fachkraft-Teams. Die Befragung erfolgt über das Jobmensa Netzwerk der Job Valley GmbH.